Bei einem gestrigen Treffen der Deutschen Fremdsprachenassistenten wurden uns nochmal einige seltsame Regeln und Marotten der Engländer erklärt, die bei uns in den ersten Wochen nur Kopfschütteln und Fragezeichen hervorriefen. Wo fange ich am besten an?
REGELN und ÄNGSTE der Lehrer:
GEFÜRCHTETES KOMITEE: Wie ich bereits in einem meiner ersten Berichte erwähnt habe, benötigen die englischen Lehrer keinen Abschluss in einem zweiten oder dritten Fach, um es unterrichten zu dürfen. Allerdings hospitiert bei jedem Lehrer einmal pro Schuljahr ein Mitglied aus einem außerschulischen Komitee und benotet diesen. Die Note aller Lehrer bestimmt gleichzeitig die Bewertung der Schule. Sowohl der Lehrer als auch die Schule werden in drei Level eingestuft (super, okay, verbesserungswürdig) und der Lehrer oder die Schule, die als verbesserungswürdig eingestuft werden, müssen bestimmte Programme besuchen und werden erneut gecheckt. Diese Lehrgänge und andere Hilfen für Schulen mit einer schlechten Bewertung trägt der Staat, welcher die Schule gleichzeitig unterstützt. Wenn es keine Verbesserung gibt, kann die Schule geschlossen werden. Der positive Effekt ist, dass die Sprachlehrer, welche keinen Abschluss haben, trotzdem etwas von ihrem Fach verstehen müssen. ABER bei ihnen hospitieren größtenteils fachfremde Leute, die weder Deutsch, Französisch oder Spanisch verstehen.
NOTENDRUCK: Am Ende jedes Schuljahres muss jede Klasse eine bestimmte Anzahl an sehr guten (1 = A), guten (2 = B) und befriedigenden (3 = C) Zensuren haben, ansonsten muss der Lehrer oder die Schule zur Zufriedenheit des Komitees erneut an der Schulstruktur basteln. Das bedeutet für Schüler und Lehrer ein ständiges Hinarbeiten auf Noten und Klassenarbeiten. Außerdem wird wenig Kultur und zusätzliche Informationen über Deutschland, Spanien und Frankreich behandelt, da sie nicht prüfungsrelevant sind.
SCHWUND DER FREMDSPRACHEN: Zum Leid aller Fremdsprachenlehrer und Universitätsprofessoren gibt es immer weniger Schüler die ihr Abitur in einer Fremdsprache ablegen, da es seit 2007 ein freiwilliges Fach ist. Daher ist Deutsch an letzter Stelle bei der Beliebheitsskala hinter Spanisch und Französisch. An den Universitäten werden wir sogar von Japanisch überholt. Könnt ihr das glauben? Leider sind die Schüler auch sehr schwer zu motivieren eine andere Sprache zu lernen, da sie Englisch für die wichtigste Sprache halten und auch in den meisten Berufen keine Fremdsprachenkenntnis vorausgesetzt werden.
VORSICHT LEHRER: Kinder und Jugendliche sind in England durch Gesetze sehr gut geschützt, aber leider wird es wieder einmal ein bisschen übertrieben. Ein gefürchtetes Gesetz nennt sich „Health and Safety“ und verbietet jegliches Berühren der Schüler (Schulterklopfen, Antippen…). Um sicher zu stellen, dass jeder Lehrer psychisch okay ist, muss jeder Assistent, Lehrer und jede Person, die mit Kindern Kontakt hat, jährlich ein ärztliches Gutachten einreichen. Der Lehrer darf ohne die Erlaubnis der Schule oder der Eltern keine Fotos von den Kindern machen. (In Deutschland muss nur eine Erlaubnis für das Veröffentlichen von Fotos geholt werden) Die Kinder dürfen sich aber gegenseitig fotografieren und sonstiges tun. Unsere gestrige Professorin nannte diesen Punkt als Ursache für die vielen jungen schwangeren Frauen.
BESTRAFUNG: Jede Schule hat eine „Punishment and Isolation Area“ (= Isolation- und Strafraum). Das heißt Schüler, die stören oder sonstige Dinge im Unterricht tun, werden aus dem Unterricht genommen und müssen in diesem separaten Bereich ihre Aufgaben unter der Beaufsichtigung eines Lehrers erledigen.
Weg von einem sehr anderen Schulsystem zu ein paar allgemeine Informationen:
Zum Leiden aller Assistenten fahren ab 00:00 keine Busse mehr, da die englischen Partygänger vorwiegend Taxen benutzen. (Daher gehen sie auch bei 0 Grad nur im Cocktailkleid bekleidet zur Party) Und um die Leute zu beruhigen, die sich um meine Sicherheit sorgen. Frauen dürfen nachts jederzeit und überall (fern von Haltestellen) Busse heranwinken.
Die Preise der verschiedenen Supermärkte werden in die unterschiedlichen Bevölkerungsschichten unterteilt. So kauft die Unter- und Mittelschicht vorwiegend in Morrissons ein und die Oberen Schichten in teuren Supermärkten wie Sainsbury’s, M&S und Waitrose. Dazwischen bewegen sich ALDI, LIDL und TESCO. Da ALDI sehr billig ist und Schwarzbrot verkauft, ist es ein Anlaufpunkt für viele Fremdsprachenassistenten.
Möchte man in England eine Turnhalle betreten, muss man zahlen, um durch eine Schranke zu kommen. Es ist anders als die deutsche Hallengebühr, die die Mannschaft zahlt, denn die muss man aus Versicherungsgründen nochmal extra zahlen.
Auch wenn alles ein bisschen anders ist, macht es mir immer wieder Spaß die Unterschiede zu entdecken und nach Erklärungen zu suchen. Außerdem genieße ich es, den ganzen Tag Englisch zu sprechen und zu hören.