Donnerstag, 7. Oktober 2010

Einblick in das Britische Schulsystem


Nachdem ich am Wochenende in meine neue Wohnung im Stundentenviertel von Leeds gezogen bin, habe ich mit meiner Arbeit als Fremdsprachenassistentin begonnen und einen ersten Einblick in ein fremdes Schulsystem und meine Arbeit bekommen.
Ich arbeite als Lehrerassistentin an zwei Schulen, der Titus Salt School in Saltaire und der Beckfoot School in Bingley, beides kleine Städtchen mit Tendenz zum Dorf. Beide Secondary Schools ähneln unseren Gesamtschulen und bieten sowohl einen Abschluss ähnlich unserem Realschulabschluss (GCSE) und das Abitur (A-Level) an. Meine Aufgabe ist es, die Schüler aus den Prüfungsklassen (9-13.Klasse) auf ihre mündlichen Prüfungen vorzubereiten, in dem ich in Kleingruppen oder allein mit ihnen Konversationen zu aktuellen Unterrichtsthemen habe. Gleichzeitig motiviere ich sie durch lockere Übungen und andere Aktivitäten Deutsch zu erlernen. Die Einheiten finden häufig während der Deutschstunden in einem Raum speziell für die Fremdsprachen der Schulen statt. Momentan hospitiere ich noch in den Klassen.
Bei meinen ersten Besuchen sind mir einige seltsame Unterschiede zu unseren Schulen aufgefallen und von diesen Eigenheiten des britischen Schulsystems möchte ich euch gern berichten:
1. Das Lehramtsstudium dauert in Großbritannien in der Regel nur 4 – 5 Jahre, inklusive Referendariat (in Deutschland ab 6 Jahre). Die Lehrer studieren hauptsächlich nur 1 Fach, dürfen aber auch ein zweites Fach hinzunehmen, was sich langsam als Normalität einstellt (in Dtl. 2 obligatorische Fächer). Obwohl also viele Lehrer nur ein Fach studiert haben, unterrichten sie in den Schulen noch eine zweite Fremdsprache, meistens die, die sie noch aus ihrer Schulzeit kennen.

2. Der Schultag beginnt um 9:00 und besteht aus 5 Blöcken, die jeweils eine Stunde gehen, abzüglich des Umzuges der ganzen Klasse in den nächsten Raum, aber plus 2 längeren Pausen. Die Schule endet 15:00 und danach können die Schüler noch in AGs gehen.

3. Die Schüler tragen alle ein Band um den Hals mit ihrer Schülerkarte, die sie bei ihrer Ankunft am Morgen dem diensthabenden Lehrer am Eingang vorzeigen müssen (Registrierung). Die Lehrer haben ebenfalls eine Karte. Jeder der als Besucher in die Schule kommt oder keine Karte hat, muss seine Ankunftszeit, seinen Anlass und sein Verlassen in eine Liste an der Rezeption eintragen und bekommt eine „Visitor“-Karte.

4. Der Fremdsprachenunterricht in meinen beiden Schulen findet vorwiegend auf Englisch statt. Ich war sehr erstaunt, dass die Lehrer 90 % der Stunde Englisch sprechen und der gesprochene deutsche Anteil aus Wörtern, die in Textlücken eingesetzt werden, besteht. (Mir wurde aber von anderen Assistenten berichtet, dass das nicht die Regel ist.) Der Schwerpunkt im Unterricht liegt auf den schriftlichen Fähigkeiten der Schüler, daher sind die meisten Lehrer froh, dass ich den mündlichen Part übernehme.

5. Beide Schulen sind moderne Gebäude und haben ein riesiges Areal mit Sportplätzen für verschiedene Sportarten. Im Laufe meines Studiums habe ich von dem Ersatz der schönen alten grünen Tafeln durch neue interaktive Bildschirme gehört. Die Lehrer projizieren von ihren Laptops ihr Tafelbild und Übungen auf die weiße Tafel und die Schüler können mit Touchscreen die Lösungen in die Lücken an der Tafel schreiben. Auch wenn die Schüler weiterhin Tafelbilder in ihre Hefter übernehmen müssen, haben es die Lehrer zumindest im Unterricht bequemer. In England hat es mittlerweile jede Schule und jeder Raum. (Ich weiß auch, dass das Roro und die Manos in Dresden die interaktiven Tafeln haben.) Ich kann mir die Arbeit mit diesen Tafeln immer noch nicht vorstellen.

6. Da die Schulen finanziell sehr gut vom Staat unterstützt werden, können sich die Schulen sehr viel leisten. Als ein Beispiel stelle ich euch hier einmal die Möglichkeiten der Titus Salt School vor:

- Jede Fachrichtung hat ihren eigenen geschlossenen Bereich mit Unterrichtsräumen, Laboren (Naturwissenschaften), Lehrerkabinett, Toiletten und Gesprächsecke ungefähr so wie die Intensivstation im Krankenhaus. (sogar die Kunst)
- Sie haben neben einer Aula, ein Tanzstudio (mit Ballettspiegel,…), ein Theaterraum + Probebühne, ein Studio für die Musiker, Cafeteria….
- Neben einer großen Turnhalle gibt es einen Fitnessraum für Lehrer, Kletterwand, super Ausrüstung, eigener Sportplätze für Fußball, Leichtathletik, Rugby, Tennis.
- Naja und von der technischen Ausrüstung wie Computer, Laptops für jeden Lehrer, Beamer und so weiter in jedem Raum ganz zu schweigen.
Das soll erstmal als erster Eindruck für die britischen Schulen reichen. Ich möchte auch nochmal betonen, dass es nicht an allen Schulen und bei allen Lehrern so ist, aber zumindest an den Schulen und in den Stunden, die ich bis jetzt gesehen und erlebt habe.

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